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14.05.2014

Zeitzeugin Fr. Siebner beeindruckt 

Die Zeitzeugin Margit Siebner spricht am 13. und 14. Mai 2014 zu hunderten Schülerinnen, Lehrern und Gästen in der ESS.
 
Vier Schülerinnen, Angie Hiller, Ann-Marie Krampe, Victoria Heidrich und Cornelia Seewig, führen zwei Zeitzeugengespräche in der Elisabeth-Selbert-Schule im Forum am Münster und in der Aula an der Thibautstraße durch.

Dabei werden sie unterstützt durch das Ev. Berufsschulpfarramt Hameln, das Fachteam Religion und die Schulleitung der ESS. In den jeweils zweistündigen Gesprächen im Interview-Stil berichtet die 85jährige Fr. Siebner von historischen Ereignissen der NS-Zeit und erzählt aus ihrem Leben.
Dabei ist es besonders die Mischung der Perspektiven, die die randvoll mit jungen Menschen gefüllte Aula der Thibautstraße und das für die HamelnerÖffentlichkeit geöffnete Forum am Abend zuvor, in konzentriertes Schweigen versetzt und gespanntes Zuhören ermöglicht.

Die Erzählung besteht aus ganz persönlichen, nahen familiären Szenen („Meine Eltern haben mir nichts über die Nazis erzählt, darum habe ich an der Zimmertür gelauscht!“), über den Alltag vor und nach der Pogromnacht am 08./09. November 1939 („Da gab es einen Blockwart, der sagte zu mir mit breitem Berlinerisch: "Du sollst verrecken, du Judengöre! Der war immer hinter mir her und hatte mich auf dem Kieker, wie wir in Berlin sagen. Der suchte einen Weg, mich aus dem Weg zu schaffen.“) und den großen geschichtlichen Ereignissen, wie dem Stauffenberg-Attentat („Am 20. Juli 44, da wurde so gemunkelt und uns wurde empfohlen, das Radio anzumachen. Wir hatten etwas erwartet, etwas, das den Krieg beendet. Und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie verzweifelt und tief traurig ich war, als ich die verhasste Stimme hörte: . Das war natürlich Hitler!“)

Dass ihr Vater vor 1939 in Buchenwald gefangen gehalten wird und nach Schanghai emigrieren kann, dass eine Schulfreundin nicht mit ihr aufs Klassenfoto will („Nicht mit der Judengöre!“), dass Helga, die Tochter vom Kohlenhändler die einzige war, die noch mit ihr spielt, wobei deren Vater mit seiner Existenz spielt, erzählt sie auch einmal mit einem Lachen. Ein Lachen, das darüber staunt, wie unanständig und hasserfüllt Menschen sein können - und wie gütig (Es gab immer gute Menschen in meiner Nähe!). Sie hält nichts davon, wenn Menschen sich an ein Trauma zu klammern und sie gibt uns einen Rat: „Habt immer eine Idee, einen Gedanken der Euch leitet oder eine Vorstellung, einen inneren Freund (bei ihr war das Jesus!), mit dem ihr im Gespräch sein könnt.

Am Ende übergeben die Schülerinnen und Schüler der top-fitten Psychologin Rosen. „Es ist sehr großes Unrecht geschehen, auch in unserer Stadt und auch durch Menschen in unserer Stadt! Heute haben wir davon gehört und wir wissen es nun, dass wir selbst dafür verantwortlich sind, es nie wieder geschehen zu lassen!

Diese Rosen übergeben wir Ihnen in diesem Sinne!“ - es ist ein eindrucksvolles Bild, wie sie all die Blumen auf dem Schoß hat. Später werden sie von der Zeitzeugin vor dem Mahnmal an der Bürenstraße bei der Synagode in Hameln abgelegt.

Frau Siebner fährt am frühen Mittwochnachmittag zurück nach Berlin, wo sie sich auf den nächsten Zeitzeugenauftritt in 10 Tagen freut.